
Am Beginn jeder selbstständigen Tätigkeit steht grundsätzlich die Frage im Raum: "Gesetzliche (GKV) oder private (PKV) Krankenversicherung?" Oft wird auf pauschale Aussagen ("Die PKV kostet im Alter zuviel", "Bei der GKV muss ich zu viele Dinge selber bezahlen") zurückgegriffen, um eine Entscheidung zu treffen, die man, egal wie sie ausgefallen ist, oft tagtäglich in Zweifel zieht.
Genau dort liegen auch die Probleme:
- Keines der beiden Systeme ist das bessere oder das schlechtere (beide verschaffen einem kein sorgenfreies Leben)!
- Zu selten werden individuelle Entscheidungen getroffen!
Der Unterschied
Die GKV
Zunächst müssen Ihnen die systemtypischen Grundsätze bewusst werden: Die gesetzliche Kasse ist "sozial" und "solidarisch". Das bedeutet, niemand soll finanziell mit den Beitragszahlungen überfordert werden (bei geringem Einkommen oder mit großer Familie). Ein bestimmter Personenkreis muss zur Mitgliedschaft verpflichtet sein. Jedes Mitglied hat nur Anspruch auf eine vertretbare Grundversorgung. Luxus oder Verbesserungen (z.B. Brillengestelle, Auslandsaufenthalte, bestimmte Formen von Zahnersatz) können nicht von der Solidargemeinschaft getragen werden.
Das vorderste Problem, das hieraus entsteht, liegt in der Beitragskalkulation: Wenn sozial Schwächere weniger Beiträge entrichten, als sie an Leistungen in Anspruch nehmen, müssen mehr Besserverdienende vorhanden sein, die diese Tatsache kompensieren können. In einem Land, in dem die Menschen immer längere Ausbildungszeiten absolvieren, eventuell früher in den Ruhestand treten und in jedem Fall länger (mit geringerem Einkommen) leben, fällt das schwer. Daraus resultiert, dass die freiwillig versicherten (u.a. Selbständige) zum Schutz der Pflichtversicherten verstärkt zur Kasse gebeten werden müssen. Merken tun dies seit einiger Zeit vor allem einige freiwillig versicherte Rentner, die (bei gutem Auskommen) eventuell mehr Beiträge entrichten als zu Ihrer aktiven Zeit!
Die PKV
Die privaten Versicherungen sind wirtschaftlich orientiert und verlangen Prämien entsprechend dem Risiko. Es zählen das Eintrittsalter, das Geschlecht, eventuelle Vorerkrankungen [zur Klarstellung: Vorvertraglich versteht sich. Für niemanden ändert sich die Prämie während der Vertragslaufzeit, weil er krank oder älter (siehe unten) wird!] und jede versicherte Person für sich. Es wird also keine Rücksicht auf Geringverdiener (Wie kommt man als Geringverdiener in die PKV? Hat da etwa ein Selbständiger versäumt, etwas für seine Rente zu tun?) und große Familien genommen. Jeder kann sich seinen Versicherungsschutz so gestalten, wie er es für sinnvoll hält und dafür mehr oder weniger Geld bezahlen. Auch hier liegt das Problem in der Kalkulation: Zunächst soll die Prämie nicht teurer werden, weil Sie während der Vertragslaufzeit älter geworden sind. Dafür ist in Ihrer Prämie ein Sparanteil (Alterungsrückstellung) enthalten, der für diesen Zweck zurückgelegt wird. Mit Ihrer Alterungsrückstellung wird Ihr steigender Bedarf im Alter finanziert.
Unkalkulierbar sind allerdings neue Therapieformen mit ungeahnten Kosten, die sich in einer fortschreitenden Gesellschaft nicht vermeiden lassen. Müssen die Versicherungsprämien wegen aus diesem Grund gestiegenen Ausgaben nach zum Beispiel zwanzig Jahren Mitgliedschaft in einer PKV angepasst werden, reichen unter Umständen die Alterungsrückstellungen nicht aus, um den Mehrbedarf an Einnahmen zu finanzieren. In diesem Fall muss für den Mehrbedarf Ihr aktuelles Alter zugrunde gelegt werden und Ihre Versicherungsprämie ist teurer als bei demjenigen, der jetzt in einem Alter in die Versicherung eintritt, das Sie damals gehabt haben! Das Ergebnis ist ein im Alter höherer Beitrag! Maßnahmen, die die PKV in jüngster Zeit dagegen getroffen hat, sind höhere Beiträge für Jüngere, die eine zusätzliche Alterungsrückstellung finanzieren sollen, um mit 65 Jahren und dann alle weiteren fünf Jahre den Beitrag zu senken. Als "Netz" wurde ein Garantietarif für Rentner (Standardtarif) geschaffen, der einem wenigstens 65jährigen nach mindestens 10jähriger PKV-Mitgliedschaft die Möglichkeit bietet, bei GKV-ähnlichen Leistungen maximal den Höchstbeitrag der GKV dafür zu entrichten (Bei Ehepaaren den 1 ½-fachen GKV-Höchstbeitrag). Zusätzlich muss der PKV-versicherte Rentner selbstverständlich keinen Beitrag mehr für das dann nicht mehr benötigte Krankentagegeld bezahlen.
Entscheidungshilfen
Die Frage für Sie lautet also: "In welchem System fühle ich mich am besten aufgehoben?"
Im Detail müssen Sie sich fragen:
- Wie sieht meine Familienplanung aus?
- Wird mein Ehepartner grundsätzlich selber berufstätig und damit selber versichert sein? Welches Einkommen steht mir nach meinem Arbeitsleben zur Verfügung?
- Spare ich jetzt genug Geld in der PKV, um mit einer daraus gebildeten Rücklage einen eventuell höheren PKV-Beitrag im Alter bezahlen zu können?
- Schneide ich mit dieser Maßnahme über das ganze Leben gesehen besser ab als bei einer durchgängigen GKV-Zugehörigkeit?
Der Weg zurück in die GKV
Der Weg zurück in die GKV ist grundsätzlich nicht möglich, da es nicht bezahlbar wäre, wenn große Familien und Menschen mit geringer Rente in die GKV strömen würden, nachdem Sie jahrelang Ihren Beitrag zur Solidargemeinschaft verweigert hätten und erst dann kommen, wenn sie deren Hilfe benötigen! Es gibt aber Situationen, in denen eine Rückkehr zur GKV zur Pflicht wird, sofern Sie noch nicht 55 Jahre alt geworden sind. Egal ob Sie wollen oder nicht. Das sind Arbeitslosigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches (die für einen Selbständigen, wenn überhaupt, nur in der Anfangszeit zu erreichen ist) und ein Bruttoeinkommen bei Angestellten unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze. Ein ehemals Selbständiger also, der wieder als Angestellter tätig wird und dort unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdient, muss zurück in die GKV. Dort bleiben darf er bei einem erneuten Wegfall der Versicherungspflicht (z.B. neue Selbständigkeit) nur, wenn er 12 Monate am Stück oder innerhalb der vergangenen 5 Jahre insgesamt 24 Monate dort versichert gewesen ist. Daher empfiehlt sich in diesem Fall, eine Anwartschaft auf die PKV wenigstens für einen Übergangszeitraum weiter zu bezahlen, da eine aktuelle Gesundheitsprüfung oder ein höheres Eintrittsalter den neuen Eintritt in die PKV eventuell unbezahlbar oder sogar unmöglich machen können!
Ein Selbständiger, der nach fünf Jahren Pleite macht, ist nicht arbeitslos im Sinne des Sozialgesetzbuches und muss in der PKV bleiben. Allerdings übernimmt das Sozialamt bei grundsätzlicher Anspruchsberechtigung den PKV-Beitrag. Eine PKV-versicherte Frau, die nach der Geburt ihrer Kinder ihre Tätigkeit aufgibt, wird in der GKV ihres Ehemannes familienversichert.
Die Auswahl der PKV-Gesellschaft
Die Auswahl des privaten Krankenversicherers muss nach zwei Gesichtspunkten vonstatten gehen:
- Welche Gesellschaft befriedigt mit ihrem Bedingungswerk meine Anforderungen (z.B. Naturheilverfahren, Freizügigkeit, Tarifwechseloptionen)?
- Welche Gesellschaft ist in der Lage, mir auch langfristig stabile Beiträge zu bieten (Bilanz, Annahmepolitik, Tarifpolitik)?
Das führen mehrerer Tarifwerke von einer Versicherungsgesellschaft kann sowohl sinnvoll (z.B. Zielgruppenorientierung, zeitgemäßere Maßnahmen treffen) als auch fahrlässig (zu viele neue Mitglieder wählen den neueren Tarif, weil der in der Regel weniger kostet, so dass der andere Tarif "überaltert") sein. Zeigt die Bilanz eine geringe Kostenbelastung, bedeutet das eine Entlastung der Portemonnaies der Versicherten. Allerdings darf die Kosteneinsparung nicht auf den Service und das Know-how einer Gesellschaft durchschlagen. Hohe Rückstellungen sorgen auf der einen Seite für ein Polster der Versichertengemeinschaft in schlechten Zeiten, können aber auch eine höhere Steuerbelastung der Gesellschaft nach sich ziehen. Lassen Sie sich vor Abschluss eines Vertrages diese Zusammenhänge im speziellen Fall plausibel erklären!
Die Gestaltung des Vertrages
Für den Selbständigen ist es sinnvoll, eine Selbstbeteiligung zu vereinbaren. Die Selbstbeteiligung kann entweder so ausgewählt werden, dass sich unterm Strich die geringste finanzielle Belastung ergibt (€ 1.800 Jahresbeitrag und eventuell € 500 jährliche Selbstbeteiligung sind weniger Belastung als € 2.200,– Jahresbeitrag und eventuell € 300 jährliche Selbstbeteiligung) oder sie kann auch nach dem Motto ausgewählt werden: "Ich will mich nur gegen finanzielle Katastrophen versichern, kleine Rechnungen bezahle ich selber."! In diesem Fall stehen besonders hohe Selbstbeteiligungen von z.B. € 2500 jährlich zur Verfügung, die selbstverständlich aber nicht mehr € 2500,– jährliche Beitragsersparnis bringen, da nicht damit zu rechnen ist, dass jeder Versicherte in jedem Jahr € 2500,- Krankheitskosten verursacht. Sie werden wahrscheinlich zur Zeit ebenfalls bei weitem geringere Krankheitskosten haben, müssen sich allerdings bei dieser Art der Vertragsgestaltung darauf einstellen, dass Sie im Extremfall jedes Jahr mit diesem Betrag dabei sein werden!
Des weiteren können Sie sich entscheiden, ob Sie im Krankenhaus Ein- oder Zweibettzimmer mit Chefarztbehandlung oder nur die Regelleistungen versichern möchten. Planen Sie hier vor allem ganzheitlich und geben Sie kein Geld für Luxus aus, solange Sie z.B. Ihre Altersversorgung nicht bezahlen können! Das Krankentagegeld sollte so spät wie möglich (damit es weniger kostet) aber so früh wie nötig (wenn Sie Geld brauchen, dann brauchen Sie Geld) versichert werden.
Viele Selbständige versichern es nach einer Karenzzeit von drei Wochen. Das ist auch in der GKV so geregelt. Versichert werden kann in etwa das, was Ihrem Nettoeinkommen entspricht, also keine fortlaufenden Betriebskosten. Für einige Freiberufler gibt es hierfür jedoch Spezialpolicen! Selbstverständlich können Sie auch einen geringeren Satz versichern. Ein Krankenhaustagegeld sollten Sie nur versichern, wenn Sie während der Dauer eines Krankenhausaufenthaltes wirklich höhere Kosten haben oder aber um die fortlaufenden Betriebskosten wenigstens teilweise zu kompensieren! Kuren müssen Sie bei Bedarf extra versichern. Eine Pflegeversicherung (zusätzlich zur Pflegepflichtversicherung) ist ratsam, um eine qualitativ angemessene Pflege zu sichern und um auch bei der Standardpflege ihr Vermögen und das Ihrer Angehörigen vor hohen Zuzahlungen zu schützen!
Die Leistungen
Es gibt grundsätzliche Fragen, die geklärt sein müssen. Hierzu gehören die Erstattung von Naturheilverfahren (sieht eine Gesellschaft "Behandlungen durch Heilpraktiker" vor, bedeutet das noch gar nichts) oder der grundsätzliche Ausschluss von irgendwelchen Bestandteilen (z.B. Heilpraktiker, Psychotherapie). Des weiteren gibt es Leistungsaussagen, die Sie nicht überbewerten dürfen. Zum Beispiel lohnt es sich nicht, wenn eine Gesellschaft € 200,– mehr für ein Brillengestell erstattet, dafür aber € 500,– mehr an Beitrag kostet! Einige Leistungsinhalte halte ich für sehr wichtig:
- Das Krankentagegeld sollte bei Einkommenserhöhung ohne Gesundheitsprüfung in einem bestimmten Rahmen anzupassen sein
- Das Krankentagegeld sollte auch in den ersten drei Jahren nicht vom Versicherer gekündigt werden dürfen (Die Vollversicherung darf sowieso nicht gekündigt werden).
Private Zusatzversicherungen zur GKV
Hier steht an erster Stelle die Überlegung: "Ist es für mich wichtig, diese Leistungen abzusichern (z.B. Wahlleistungen im Krankenhaus, Zahnersatz) oder kann ich diese Dinge zur Not aus meinem eigenen Portemonnaie bezahlen?" Wichtig scheint mir allerdings für Besserverdienende, das auf den GKV-Höchstsatz limitierte Tagegeld auf das erforderliche Niveau aufzustocken!
Eine Pflegeversicherung (zusätzlich zur Pflegepflichtversicherung) ist ratsam, um eine qualitativ angemessene Pflege zu sichern und um auch bei der Standardpflege ihr Vermögen und das Ihrer Angehörigen vor hohen Zuzahlungen zu schützen!
Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.